„Das Beste ist das Unterwegssein“ – Traumberuf Pilot

„Das Beste ist das Unterwegssein“ – Traumberuf Pilot

1. Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Ich heiße Bernd Oettinger, bin 53 Jahre alt, habe mein Abitur auf dem Stiftsgymnasium gemacht und danach auf der Fliegerschule der Lufthansa meinen Pilotenschein. Heute fliege ich als Kapitän bei Condor.

2. Wollten Sie schon immer Pilot werden oder hatten Sie als Kind einen anderen Traumberuf?

Ich wollte eigentlich als Kind eher Tierarzt werden, später dann Betriebswirtschaft studieren und im Marketing arbeiten. Auf den Beruf Pilot kam ich nur, weil es für die Bewerbung bei Lufthansa eine Woche frei bei der Bundeswehr gab. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Als ich dann eine Zusage zur Ausbildung bekommen habe, griff ich zu.

3. Der Beruf des Piloten ist kein „Nine to Five Job“, wie sieht das Arbeitsleben genau aus?

Das kann sehr unterschiedlich aussehen, je nach Gesellschaft für die man arbeitet und welches Flugzeug man fliegt. Bei Lufthansa kann man Kurz- oder Langstrecke fliegen. Bei Kurzstrecken ist man zwischen ein und fünf Tagen unterwegs in Europa. Dabei fliegt man zwischen zwei und fünf Strecken am Tag. Bei Langstrecken ist man zwischen drei und fünf Tagen unterwegs, mit Übernachtungen weltweit und mit meistens nur zwei Strecken insgesamt. Bei Condor gibt es sogar Flüge bei denen man bis zu zehn Tagen unterwegs ist, meistens mit Übernachtungen an Ferienzielen mit Strand und Palmen.

Ein Arbeitstag beginnt immer mit einem Briefing. Man trifft sich mit seinem Cockpit-Kollegen und sammelt Informationen zum nächsten Flug. Am Ende steht immer die Entscheidung an, wieviel Kerosin man tanken möchte. Volltanken wie beim Auto ist nicht wirklich sinnvoll, da zusätzliches Gewicht immer mehr Spritverbrauch bedeutet. Und zu Zeiten von CO2- Reduzierung möchte man natürlich nicht mehr verbrauchen als nötig.

Danach trifft man sich mit den Kollegen aus der Kabine und bespricht die Besonderheiten der nächsten Strecke. Dann geht’s zum Flugzeug. Circa 45 Minuten vor Abflug sollte man dort sein. 15 Minuten später, nachdem das Flugzeug vorbereitet worden ist, kommen die Gäste.

Im Cockpit laufen die Vorbereitungen weiter. Das beinhaltet Navigation vorbereiten, Startdaten berechnen, Systeme überprüfen, Wetterberichte einholen. Dann geht’s hoffentlich pünktlich los. Starten und Landen sind die Phasen, die besondere Konzentration erfordern. Im Reiseflug hat man etwas mehr Kapazität, um sich etwas zu unterhalten.

Nach der Landung, wenn die Gäste das Flugzeug verlassen haben, stehen entweder noch circa 20 Minuten Abschlussarbeiten an oder das Ganze geht wieder von vorne los.

4. Die Zeit nach der Ankunft: Ist das bezahlter Urlaub oder Stressabbau bis zum Rückflug?

Bei Umläufen mit kurzer Pause bis zum Weiterflug braucht man die Zeit tatsächlich zur Erholung. Die Gäste auf dem nächsten Flug haben schließlich ein Recht auf ausgeschlafene Piloten. Bei längeren Aufenthalten kann man sich schon etwas das Ziel anschauen und die Freizeit genießen. Am Tag vor dem Flug hält man den Ball aber etwas flacher, damit man für den Flug fit ist.

5. Was ist für Sie das Beste bzw. das Schlechteste an Ihrem Beruf?

Das Beste ist das Unterwegssein. Das habe ich vor allem in einigen Monaten im letzten Jahr gemerkt, als ich wegen Corona in 100% Kurzarbeit war. Da fiel mir auf, wie sehr es mir gefehlt hat, wegzugehen und dann aber auch wieder nachhause zu kommen.

Das Schlechteste ist, dass man öfter bei Feiern oder Veranstaltungen nicht dabei ist, da wir oft an Wochenenden arbeiten, an Feiertagen und viel in den Ferien, da das die Hauptsaison für Condor als Ferienflieger ist.

6. Wie gut lässt sich Ihr Beruf mit der Familie vereinbaren, wenn man tagelang unterwegs ist?

Ich hatte Glück, da ich in der Zeit als unsere Kinder klein waren von Stuttgart geflogen bin und viele Flüge hatte, die morgens losgingen und nachmittags wieder in Stuttgart gelandet sind. Das war fast wie ein geregeltes Leben. Für andere Kollegen war das sicher schwieriger. Aber andererseits hat man nach einem längeren Flug auch mehrere Tage frei und kann so das Familienleben komplett und nicht nur nach 17:00 miterleben.

7. Wie sieht das Pilotenleben in Zeiten von Corona aus? Ist der Beruf überhaupt noch zukunftsfähig?

Das ist eine spannende Frage: ich glaube die Ferienfliegerei wird sich sehr schnell erholen. Daher bin ich auch sehr froh, bei Condor zu sein. Bei der Geschäftsfliegerei wird es heikler. Die Frage ist, ob Onlinemeetings die Geschäftsreisen langfristig beeinflussen werden oder ob die Menschen feststellen, dass ein persönliches Treffen doch unersetzbar ist. Allerdings gab es schon mehrere Krisen während meiner Zeit in der Fliegerei und jedes Mal hieß es, dass sich die Branche lange nicht erholen wird. Ein bis zwei Jahre später sind dann händeringend Piloten gesucht worden.

Im Moment sind noch viele Kollegen in 100% Kurzarbeit und warten sehnlichst darauf, wieder fliegen zu dürfen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich das ab Ende des Jahres normalisiert.

8. Welche Tipps haben Sie für alle, die später auch einmal Pilot*in werden wollen? Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen?

Wer den festen Wunsch hat, sollte sich möglichst bei einer großen Fluggesellschaft bewerben. Die arbeiten meist mit Flugschulen zusammen und wenn man die Ausbildung besteht, sind die Chancen auf einen Platz im Cockpit am größten. Bezahlen muss man die Ausbildung erstmal selbst. Wer dort nicht unterkommt und sich dennoch nicht abbringen lässt, kann sich privat bei einer Flugschule anmelden. Auch dort muss man natürlich selbst bezahlen. Die Kosten belaufen sich auf circa 70.000 – 100.000 Euro. Danach besteht aber das große Problem darin, die nötigen Flugstunden in größeren Flugzeugen zu bekommen. Denn ohne die ist es sehr schwierig eine Stelle in einer renommierten Airline zu erhalten. Eine Chance sind Billigairlines wie Ryanair, die zwar gar nicht so schlecht bezahlen, aber für die Typ-Berechtigung Geld verlangen und die zum Teil sehr fragwürdige Arbeitsbedingungen bieten.

Mitbringen sollte man durchschnittliche Begabungen in Mathe und Physik sowie ordentliche Englischkenntnisse. Es werden keine Überflieger gesucht, mehr Allroundtalente, die keine großen Schwächen haben. Eine Brille ist auch kein Hindernis. Alles Weitere wird dann in den Eignungstests überprüft.

Ich kann für mich sagen, dass ich die Entscheidung Pilot zu werden keinen Tag bereut habe, weil ich nach wie vor sehr gern zur Arbeit gehe.

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Sarah

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