Interview zu Luft-und Raumfahrttechnik

Interview zu Luft-und Raumfahrttechnik

Können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Mein Name ist Michael Wohlhüter. Ich habe an der Uni Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik studiert und arbeite seit 2010 am Institut für Raumfahrtantriebe des DLR Lampoldshausen. Während meiner Promotion, die ich im vergangenen Jahr abschließen konnte, forschte ich an Zündvorgängen von Methan-Sauerstoff-Gemischen in Raketenbrennkammern und mittlerweile arbeite ich als Versuchsleiter an einem Prüfstand für das Haupttriebwerk der Ariane-Rakete.

Was macht man als Luft- und Raumfahrttechniker?

Als Ingenieursstudiengang ist Luft- und Raumfahrttechnik ein typisch technischer Beruf. Die Tätigkeitsfelder sind dabei weit gefasst. Sie erstrecken sich auf Entwicklung und Bau von Luftfahrzeugen wie Flugzeuge und Hubschrauber beziehungsweise im Raumfahrtbereich Raumfahrzeuge wie Raketen und Satelliten. 

Was sind die Unterschiede zwischen der Arbeit in der Luftfahrttechnik und der Raumfahrttechnik?

Die grundsätzliche Arbeitsweise ist in beiden Bereichen dieselbe, eine methodische Vorgehensweise ist notwendig um die technischen Herausforderungen zu lösen. Die Arbeitsthemen dagegen unterscheiden sich aufgrund von unterschiedlichen Randbedingungen deutlich. Im Raumfahrtbereich stellen beispielsweise die Schwerelosigkeit und das Vakuum im Weltraum technische Herausforderungen, die nach speziellen technischen Lösungen verlangen.

Gibt es Überlappungen zwischen Raumfahrttechnik und Astrophysik?

Die Raumfahrttechnik behandelt technische Fragestellungen: Wie muss ich ein System auslegen, damit es unter den speziellen Randbedingungen funktioniert, die die Raumfahrt mit sich bringt? Dagegen beschäftigt sich die Astrophysik mehr mit den physikalischen Grundlagen und Eigenschaften von Himmelskörpern. 

Beide Themen treffen sich beispielsweise bei der Entwicklung von Messsystemen und Sonden für die Weltraumforschung, bei denen die Expertisen aus beiden Feldern notwendig sind, um am Ende eine erfolgreiche Mission zu ermöglichen.

Was bringt uns das Wissen aus dem All hier auf der Erde?

Die Raumfahrt hat auf vielen Ebenen Einfluss auf unser Leben. Dadurch, dass wir an vielen Stellen an die Grenzen unserer technischen Möglichkeiten gehen müssen, um Weltraummissionen möglich zu machen, funktioniert die Raumfahrt als Motor für technische Innovationen. Bekannte Beispiele sind der Akkuschrauber oder auch das Ceran-Kochfeld, die schließlich aus Entwicklungen für die Raumfahrt abgeleitet wurden.

Ohne die Raumfahrt und Satellitentechnologie würde vieles inunserem täglichen Leben nicht funktionieren. Ob Wetterbericht, Echtzeitnavigation oder auch weltweite Liveübertragungen im Fernsehen, das sind nur drei Beispiele für Anwendungen, die stark abhängig von Satelliten sind.

Und nicht zuletzt ist die Raumfahrt auch Ausdruck des menschlichen Forscherdrangs: Wie ist das Sonnensystem entstanden? Wie normal oder ungewöhnlich sind Planetensysteme um Sterne? Was ist noch da draußen? Wo kommen wir her? Bei all diesen und noch viel mehr Fragen hilft die Raumfahrt, Antworten zu finden.

So berührt das „Wissen aus dem All“ letztendlich fast alle Lebensbereiche, auch wenn es nicht immer offensichtlich ist.

Was hat sie dazu gebracht in diesem Sektor zu arbeiten?

Ich war schon von als Kind fasziniert von allem, was mit Weltraum zu tun hatte, ob Astronomie, Raumfahrt oder Science-Fiction. Außerdem hat mich interessiert, wie Dinge funktionieren. Deshalb war im Rückblick die Entscheidung, Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren, eigentlich leicht.

Dass ich selbst einmal im Raumfahrtbereich tätig sein würde, damit hätte ich allerdings selbst im Studium noch lange nicht gerechnet. Dahin kommt doch nur eine Handvoll Überflieger! Tja, und jetzt arbeite ich schon seit über zehn Jahren an Raketentriebwerken. Ich kann also aus eigener Erfahrung sagen: Haltet an euren Träumen fest. Man weiß erst was möglich ist, wenn man es probiert!

Wie verläuft das Studium?

Ich war noch einer der letzten Diplomstudiengänge, deshalb sind meine persönlichen Erfahrungen nur noch begrenzt relevant. Mittlerweile gibt es an der Uni Stuttgart einen Bachelor- und einen Masterstudiengang Luft- und Raumfahrttechnik. Dabei liegt im Bachelor der Fokus eher auf den theoretischen Grundlagen, wobei auch hier mit dem Fachpraktikum und einzelnen Vorlesungen schon erste Praxisbezüge hergestellt werden. Das bietet auch den Vorteil, dass man am Ende des Bachelors sehr breit aufgestellt ist undeinem viele Bereiche offenstehen. Vertiefung und Spezialisierung auf bestimmte Anwendungsbereiche könnendann im Master erfolgen.

Welche Interessen sollte man haben, damit der Job einem Spaß macht?

Als Ingenieur muss man auf jeden Fall technikaffin sein, gerne zu tüfteln hilft ungemein. Die Freude daran, sich in neue Themen einzuarbeiten und herauszufinden, wie etwas funktioniert, kann man bei uns auf jeden Fall ausleben.

Das Studium ist gerade in den Grundlagen sehr mathe- und physiklastig. Wer mit diesen Fächern nichts anfangen kann, wird mit Luft- und Raumfahrttechnik nicht glücklich werden. 

Welche Spezialisierungsmöglichkeiten gibt es? 

An einigen Unis wird Luft- und Raumfahrttechnik als Spezialisierung von Maschinenbau angeboten. Das Studium Luft- und Raumfahrttechnik ermöglicht eine Vertiefung in vielen Tätigkeitsfeldern. Neben den offensichtlichen Bereichen Luftfahrt und Raumfahrt ist die Energieerzeugung ein mögliches Tätigkeitsfeld, beispielsweise bei der Entwicklung von Windkraftanlagen oder auch von Gasturbinen. Ebenso sind Luft- und Raumfahrttechniker mit ihrem Wissen in Aerodynamik und Leichtbau auch im Automobilbau gefragt.  

Was fasziniert sie an dem Beruf am meisten?

Es gibt nur wenige andere Orte in Deutschland, an denen man so direkt mit Raumfahrttechnologie in Berührung kommt und „seinen Teil beitragen“ kann. Wo sonst kann man ein Raketentriebwerk live erleben? 

Ist der Wunsch einmal den Weltraum zu erleben ein Teil der ‚Faszination Raumfahrttechnik‘?

Ich denke, jeder, der sich für die Raumfahrt interessiert, hatte auch den berühmten Kindheitstraum, Astronaut zu werden. Ich persönlich würde gerne die Schwerelosigkeit erleben, und die Erde mit eigenen Augen von „außen“ zu sehen, muss ein beeindruckendes Erlebnis sein.

Wie zufrieden sind sie mit ihrem Job?

Für einen Raumfahrt-Nerd wie mich ist die Arbeit beim DLRLampoldshausen genau das Richtige! Mir gefällt die Arbeit im Team und mit internationalen Partnern. Die kollegiale Atmosphäre, das eigenverantwortliche Arbeiten und die vielfältigen Arbeitsbereiche motivieren immer wieder aufs Neue.

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Redaktion

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